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Tag : roman

TheGardenofEarthlyDelights_Bosch

ALLE UNTERWEGS INS NIRGENDWO Sandra Gugic zu Tram 83 III

6. November 2014 Keine Kommentare Article

ALLE UNTERWEGS INS NIRGENDWO*

//*Zitat aus TRAM 83

Zum Romanauszug TRAM 83 von Fiston Mwanza Mujila

von Sandra Gugic

 

Die Lektüre von TRAM 83 lässt mich auch an Elfriede Jelinek denken, eine Meisterin des Sprachturmbaus, an ihre Theatertexte Bambiland und Babel. Auch Fiston Mwanza Mujilas Text ist im besten Sinne pathetisch, ebenso trivial und schamlos wie poetisch, die Motive sind genau gesetzt, Sprachflächen durchsetzen die vordergründige Handlung und die Dialoge zwischen Lucien und Requiem, die einzelnen Komponenten sind die Fäden, die den Sprachteppich bilden.

Wir sind Verlierer, die Götter haben uns verlassen, die Kriegsheimkehrer sind heimatlos und die Daheimgebliebenen orientierungslos.

// Christoph Schlingensief über Jelineks Bambiland   

 

Der Blick des Autors streift die Frauen im TRAM 83, die sich Lucien und Requiem anbieten, die Küken und Mutter-Mädchen, die Schönheiten wie auch die Alten und Hässlichen die sich allesamt ihren „Fettsteiß“ anzüchten, sich dabei mit Pillen und Schweinefutter behelfen, um einen grotesk aufgeblasenen brasilianischen Po* zu bekommen.

*Apropos, wer hierzu ein grotesk sexistisches Musikvideo sehen will, das mir in diesem Zusammenhang spontan einfällt, bitteschön, am besten Augen zu und durch // Nicki Minaj, Anaconda, 2014 > http://vimeo.com/103875158

 

Das TRAM 83 ist eine ebenso groteske Comicwelt, die ein Rauschen erzeugt, ein Rauschen aus Menschenlärm und Jazz. In einer Passage heißt es:

Jazz ist ein Zeichen von Noblesse, die Musik der Reichen und Neureichen, der Schöpfer dieser schönen kaputten Welt. (…) Vor allen Dingen ist Jazz ein abschüssiges Terrain, eine Felswand, die nur erklimmen kann, wer seine Ursprünge, seine Geschichte, seine wichtigsten Vertreter kennt … Jazz  ist längst nicht mehr Sache der Neger (…) Jazz ist der Hebel, dessen sich der ganze Abschaum des TRAM 83 bedient, um die Gesellschaftsschicht zu wechseln wie die U-Bahn.

 

Lucien, der Schriftsteller, zieht immer wieder sein Notizbuch aus der Tasche um diese Welt zu dokumentieren, eine Spiegelfigur des Erzählers oder sogar des Autors. Lucien schreibt an einer Stelle:

Dies ist keine Bar. Wo werden sie sich abreagieren, wenn es keine Frauen mehr zur Erfüllung ihrer Fantasien gibt? (…)

 

Und Lucien hat Recht, das TRAM 83 ist keine gewöhnliche Bar, es ist ein Polyptychon, der an Bilder wie den Garten der Lüste von Hieronymus Bosch erinnert. Trotz der starken Dynamik herrscht eine Verfallsstimmung, eine Endzeitstimmung vor.

 

TheGardenofEarthlyDelights_Bosch 

 

Ebenso wie man sich in der Betrachtung den einzelnen Motive und Details des Garten der Lüste verlieren kann, ist TRAM 83 vielschichtig und sogar unterhaltsam, was – wie Umberto Eco in seiner Nachschrift zum „Namen der Rose“ schreibt – nicht bedeutet, dass ein Text uns, den Leser, besänftigen oder in angenehme und versöhnliche Bilder hüllen muss, sondern er darf uns wachrütteln: mit Alpträumen und Obsessionen.

 

Städte herrschen über die Erde. Von wenigen Metropolen aus wird die Welt regiert und das Schicksal der Menschheit entschieden. Sie sind Hoffnung und Zuflucht, Mittelpunkt des Lebens und zugleich der Versuchung und Gefahr.

// Überall ist Babylon, Wolf Schneider

Tags: Alle, commentaire, Fiston Mwanza, Fiston Mwanza Mujila, Lettrétage, Nirgendwo, Roman, Sandra Gugic, Tram 83, Vincent Message
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naked_lunch_Cronenberg

ALLE UNTERWEGS INS NIRGENDWO Sandra Gugic zu Tram 83 II

5. November 2014 Keine Kommentare Article

ALLE UNTERWEGS INS NIRGENDWO*

//*Zitat aus TRAM 83

Zum Romanauszug TRAM 83 von Fiston Mwanza Mujila

von Sandra Gugic

 

Das TRAM 83 ist eine Bar und das schwarze Herz einer Stadt, ein Sehnsuchtsort der Verlierer und Glücklosen, ein Ort der Unmöglichkeiten. Die ungeschriebene Regel des TRAM 83 könnte sein:

Nothing is true, everything is permitted.

Everything is true, nothing is permitted.

// William S. Burroughs

 

Der Autor lässt seinen Blick über die Gestalten im Inneren des TRAM 83 schweifen, über Touristen, Prostituierte, Söldner, Diebe, Agenten, Kindersoldaten, Halbwelt und „normale Welt“ treffen aufeinander. In einer nicht endend wollenden Aufzählung rollt der Autor Daseinssplitter und Fragmente wüster Lebensgeschichten vor uns aus. Und hier sind wir jetzt, mitten im Geschehen mit Lucien und Requiem.

 

TRAM 83 ist ein Text voller Wut und Dringlichkeit, in rhythmisch-musikalischer Sprache zieht er uns mit sich, ein Bewusstseinsstrom, der unter dem Text fließt, ähnlich dem eines William S. Burroughs, das TRAM 83 könnte ebenso in Burroughs Interzone liegen.

 

In the City Market is the Meet Café. Followers of obsolete, unthinkable trades doodling in Etruscan, addicts of drugs not yet synthesized, pushers of souped-up harmine, junk reduced to pure habit offering precarious vegetable serenity, liquids to induce Latah, Tithonian longevity serums, black marketeers of World War III, excusers of telepathic sensitivity, osteopaths of the spirit, investigators of infractions denounced by bland paranoid chess players, servers of fragmentary warrants taken down in hebephrenic shorthand charging unspeakable mutilations of the spirit, bureaucrats of spectral departments, officials of unconstituted police states, a Lesbian dwarf who has perfected operation Bang-utot, the lung erection that strangles a sleeping enemy, sellers of orgone tanks and relaxing machines, brokers of exquisite dreams and memories tested on the sensitized cells of junk sickness and bartered for raw materials of the will, doctors skilled in the treatment of diseases dormant in the black dust of ruined cities, gathering virulence in the white blood of eyeless worms feeling slowly to the surface and the human host, maladies of the ocean floor and the stratosphere, maladies of the laboratory and atomic war… A place where the unknown past and the emergent future meet in a vibrating soundless hum… Larval entities waiting for a Live One…”

// William S. Burroughs, Naked Lunch

 

Die Bilder aus Fiston Mwanza Mujilas Erzählkosmos würden sich auch in jene, die David Cronenberg in seiner Naked Lunch-Verfilmung von 1991 findet, gut einfügen.

 

naked_lunch_Cronenberg

 

LINKS >

New Writing Machine > http://www.youtube.com/watch?v=sRzpG59MKWo

The talking asshole > http://www.youtube.com/watch?v=uiWIjWh3MNA

Tags: Fiston Mwanza, Fiston Mwanza Mujila, Nirgendwo, Roman, Sandra Gugic, Tram 83
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ALLE UNTERWEGS INS NIRGENDWO Sandra Gugic zu Tram 83 I

3. November 2014 Keine Kommentare Article

ALLE UNTERWEGS INS NIRGENDWO*

//*Zitat aus TRAM 83

Zum Romanauszug TRAM 83 von Fiston Mwanza Mujila

von Sandra Gugic

 

Schon das Intro von TRAM 83, führt uns, den Leser, mit großer Geste und ohne Scheu vor Pathos in ein dystopisches Babel:

  1. Im Anfang war der Stein und der Stein schuf den Besitz und der Besitz den Ansturm und der Ansturm den Zustrom von Menschen aller Rassen, die schlugen Bahntrassen in den Fels und erdachten eine Welt aus Palmwein und erfanden ein Regime inmitten von Minen und Markenartikeln.

 

Fiston Mwanza Mujila arbeitet stark mit Räumen, Bildern, mit Nicht-Orten.

Die Erzählung beginnt in einem nahezu unüberschaubaren, düster schillernden Makrokosmos, dem Transitraum des Bahnhofs Gare du Nord, an einem flirrenden, lärmenden Freitagabend, im Getose eines Menschenorchesters. Passanten eilen vorbei, reisen ab, kommen an, verlieren sich im rumorenden Gedärm der Stadt, werden verdaut und ausgeschieden oder schon zuvor wieder zurück an ihren Ausgangsort gespuckt.

Am Gare du Nord wartet der Gauner Requiem, hier wollen sich die Jugendfreunde Lucien (ein Autor auf der Flucht) und Requiem nach zehn Jahren wiedertreffen.

Der wartende Requiem wird von einem Mädchen angesprochen und verabschiedet sie mit dem Satz „Wir sehen uns im TRAM 83“.

Dieser Satz erinnert mich an jenen, der im Film The Matrix den noch ahnungslosen Neo auf seine Heldenreise lockt „Follow the white rabbit“ http://www.youtube.com/watch?v=6IDT3MpSCKI

 

Mit dem Satz „Wir sehen uns im TRAM 83“, wird der nächste Erzählraum geöffnet, den wir betreten werden, nachdem sich Lucien und Requiem auf dem Bahnhof gefunden und zusammen auf den Weg gemacht haben.

Der Name Jacqueline wird genannt, und wird später noch einmal genannt werden, aber die Frage nach dem Wer? oder Warum? wird nicht beantwortet, die Klammer bleibt offen.

Stattdessen zoomt der Autor in den Mikrokosmos, ins Herz der Erzählung, ins TRAM 83, die Soul Kitchen der Verlorenen.

 

Well, the clock says: It’s time to close now / guess I’d better go now
/ I’d really like to stay here all night /

The cars crawl past all stuffed with eyes
/ Street lights share their hollow glow
/ Your brain seems bruised with numb surprise

Still one place to go
/ Still one place to go

Let me sleep all night in your soul kitchen
/ Warm my mind near your gentle stove
/ Turn me out and I’ll wander, baby
/ Stumblin’ in the neon groves

Well, your fingers weave quick minarets
/ Speak in secret alphabets
 / I light another cigarette

Learn to forget, learn to forget
Learn to forget, learn to forget

Let me sleep all night in your soul kitchen
/ Warm my mind near your gentle stove
/ Turn me out and I’ll wander, baby
/ Stumblin’ in the neon groves

Well, the clock says: It’s time to close now / 
I know I have to go now
/ I really want to stay here
/ All night, all night, all night

// Soul Kitchen, The Doors

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Il poursuit son chemin

23. Oktober 2014 2 Kommentare Article

Le jeune homme va dans la rue. Il écoute de la musique mais son casque ne va pas. Donc la musique joue seulement à une côté de sa tête. Il passe la Gare du Nord. Quand il regarde la il voit tout d´un coup dans un sale coin un sale mec qui parle avec une femme surprenante propre pour ce milieu. Après quelques secondes il le reconnaît. Jadis c´était un ami de lui. Il s´appelle Réquiem et comme toujours il drague les prostitués. Il poursuit son chemin rapidement et espère qu´il ne l´a pas vu. Réquiem et il travaillions ensemble. A cette époque le jeune homme allait bien; il avait l´argent et sa grande amour, Madeleine elle s´appelait. Maintenant il n´a rien. Pour Madeleine il a renoncé le travail avec Réquiem, elle a dit que ce serait trop dangereux. Mais quand il lui voulait annoncer cela, c´était trop tard. Sa grande amour était déja perdu. Pour le désir de sa mère il a quand-même arrêter à trafiquer. Sans argent et sans la belle fille il n´a que des problèmes. Il se souhait à vomir ses problèmes, vomir son cœur, vomir sa faim et le plus urgent: vomir ses émotions. Et cettes émotions devenaient plus grave avec la musique qu´il écoutait. Le jazz, c´était l´amour-haine. Il le ne supporte pas, mais toutes les bonnes mémoires à son père et à son enfance sont rélié avec cette façon de la musique. Entre-temps il avait passé la gars. En pensant de la vie il chemine. Qu´est-ce que j´ai raté il se demande. Il n´y a pas une réponse, parce qu´il n´a rien raté. Sa famille avait seulement malchance. Après la mort du père ils n´avaient pas assez argent. Depuis sa vie a changé et est parti en succette, mais pour le vœu de sa mère il fait ses études et vit comme un ado normal. Et pour cela  sa mère l´aime. Et avec l´amour de sa maman il poursuit son chemin. Son chemin pur et rangé…

 

von mecespagnol

Tags: commentaire, Fiston Mwanza, Fiston Mwanza Mujila, Lettrétage, Lucien, Requiem, Roman, Schüler, Tram 83
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C’est ta vie !

16. Oktober 2014 Keine Kommentare Article

p. 1 l.24 : « L’homme n’est pas une chose en soi mais une histoire. » N’oubliez jamais cette ligne-là ! Je trouve cette phrase absolument vraie et assez importante ! C’est ta propre vie et toi, tu dois dire comment ça va se passer ! Ne laisse personne t’interdire de faire une chose que tu aimes ! Ne laisse pas t’influencer par la majorité ! Construis ta vie comme tu l’aimes et comme tu veux parce que la seule personne qui va la vivre, c’est toi !

 

von sourie_en_personne

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Une autre fin des Veilleurs

16. Oktober 2014 Keine Kommentare Article

Quand les sirènes a arrivées Nexus dormi sur ses victimes. Les force de l’ordre vont les quatre morts et sont très confus. Qui est le 4e victime? L’officer pense que le meurtrier est près. “Cherchent pour l’assassin” ils commande a les force. Quand toute le monde cherche le coupable, ne reste personne aux victimes. Nexus note que ne fait personne attention. Il peut quitter le lieu du crime. Après il est dans une place assurée il reflechit. Son ouvrage n’est pas fini, il y a un assassinat qu’il doit fait s’il peut montrer qu’il est meilleure en qualité de la sociète. Il retourne à la place du crime ou il veut assassiner l’officier. Il vat derrière les murs et dans les ombrages. Il prend son couteau de sa poche. Il peut voire l’officier qui ne sait pas qu’il vit juste un peu des secondes. Nexus prend la vie de l’officier sans des problèmes. Nexus peut sentir le sang chaude qui quitte le corpse de le dernier victime de Nexus. Tout à coup Nexus écoute un bruit. Il tourne sa tête et il voit un policier avec une pistole. Nexus sentis son ventre ou il trouve un grand trou. Nexus se dit “C’est la fin”. Et oui, c’est vrai. c’a été le fin d’un  mauvaise massacreur.

 

von nick.larson

Tags: comment, Die Wächter, francais, les veilleurs, Lettrétage, Mörder, nexus, Roman, Schüler, Vincent Message
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Vincent Message – Réaction

8. Oktober 2014 2 Kommentare Article

Le premier passage me souvient beaucoup de la deuxième partie du livre l’étranger, par Albert Camus. C’est à cause de la phrase «longtemps le monde n’a eu qu’indifférence pour moi» – elle ressemble fortement l’anomie qui était très fort dans la société pendant les années 1950.

 

En plus, l’image d’être regardé par les murs est un cliché. Essayez d’employer des mots qui ne sont pas tellement utilisé.

En tout, l’atmosphère est très bien établit car elle montre un image de l’anonymite qui nexus experience; il parle des autres comme une unité, parce qu’il compare toujours soi-même avec « ils» et «le monde».

Très bon fait!

 

von freddyleo

 

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Nexus: Dans son coeur bon ou mal?

8. Oktober 2014 2 Kommentare Article

Je trouve le début très intéressant. Après le premier paragraphe nous nous sommes demandée qui est Nexus. Il est en prison, il a tué trois personnes et ce sont des raisons pour considérer quelqu’un comme un fou. Mais ce n’est pas tout ce qu’on doit savoir de Nexus. Parce que Nexus a un autre côté. Un côté où il a des sentiments, des peurs et des motifs pour son comportement. Ça fait, qu’un meurtrier a l’air identifiable. Comment est-ce que c’est possible que le lecteur veut l’aider, veut le comprendre et veut le protéger ? Pourquoi  l’auteur le fait? Est-ce qu’il veut nous montrer qu’il y a un peu d’un meurtrier dans chacun de nous ? Ou est-ce qu’il veut nous montrer qu’il y a un peu d’un bon homme dans chacun n’importe quelles mauvaises choses il a fait ? (p. 3, l. 1-7)

von Sourie_en_personne

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Carolin Beutel: Kommentar zu Vincent Message: Die Wächter #1

5. Oktober 2014 Keine Kommentare Article

walton ford_the sensorium

 

Ich mag ja diesen Text. Er ist wunderbar grotesk. Wie sollte man auch oft anders zum Rechtssystem stehen. Der in diesem Text Angeklagten scheint den Prozess der ihm hier gemacht wird als eine Art Scharade zu empfinden. Das Urteil über ihn wird seiner Ansicht nach lediglich durch die Müdigkeit der Geschworenen gefällt. Dabei wirkt es grotesk, dass der Angeklagte nicht mit ihrem Sprecher tauschen möchte, welcher die unangenehme Aufgabe hat, das Urteil über ihn verkünden zu müssen, muss er doch mit lebenslänglich rechnen. Während der Sprecher bei der Verkündigung mit sich ringen muss – ihm der Schreck im Gesicht steht – lässt sich keine emotionale Regung bei dem Angeklagten feststellen, auch nicht durch die Gewissheit dass bereits hinter verschlossenen Türen über sein Schicksal entschieden wurde.Während er vom gesamten Gerichtssaal beobachtet wird, scheint er doch nicht der Protagonist, sondern der eigentliche Beobachter zu sein. Ist es doch meist die einzige Fluchtmöglichkeit, selbst zum Beobachter zu werden, wenn alle Augenpaare auf dich gerichtet sind. Auf diese Weise verschafft man sich die Distanz um sein Überleben zu sichern oder sich schlichtweg nur nicht angesprochen zu fühlen. Unbeteiligte Betrachter haben auch vor Gericht das Recht zu schweigen, weiter zu beobachten, zu observieren um sich im äußersten Fall ihre Meinung im Stillen zu bilden, falls sie denn dem Drang einer Positionierung nachgeben wollen.

Tocotronic – Aus meiner Festung

 

- Um hier noch den Pflichtanteil literarischer Allgemeinbildung mit herein zu bringen: Na, woher kennen wir denn so absurde Gerichtsverhandlungen? Ja, richtig: Kafka. Der Prozess. – Hat ja jeder schon einmal gelesen, weil muss ja. Ansonsten kann man auch einfach so tun. Das war auch so ein groteskes Ding: “»Richtiges Auffassen einer Sache und Mißverstehn der gleichen Sache schließen einander nicht vollständig aus.«” (Habe ich natürlich aus Wikiquote kopiert.)

 

….Ich sah Rosetten von Gehirn auf den Gehsteig spritzen. Die Straße quasi Kathedrale. Die großen Orgeln gingen los.

 

Als Leser möchte man dem Angeklagten noch nichts anhängen. Böser Wille und keiner zur Kooperation? Hm, keine Ahnung, weiß ich doch nicht. Die Fakten die hier aufgezählt werden, sind aber wunderbar bildlich und so voller Stimmung. Sollte ich diese Straftat allein nach diesen Fakten beurteilen, würde ich wahrscheinlich sagen, dass ich mir das so ganz gut vorstellen kann, so stimmungs- und bildmäßig. Wie Arthouse-Splatter – falls dieses Genre überhaupt existiert? Ich habe gegoogelt. Sowas wie “blood+cathedral”. Ich habe das hier gefunden, so eine Art Gaming-Version:

 

blood_knights_screenshot_signature_lift_draw_blood_cathedral

Blood Knights is an Action RPG following the “age-old conflict between vampires and humans” as it escalates into open war. It combines spectacular battles with RPG elements – in single player or co-op.

Und auf der gleichen Seite wo es anscheinend um Underground-Gaming geht, habe ich auch weiteren nützlichen Input gefunden. Diesmal zum Thema “Blood splatter”. Könnte ja noch hilfreich sein:

The spatter of blood appears in video games for a number of reasons. It could be the aftermath of a bloody shootout between terrorist and a SWAT unit or the result of a devastating uppercut in a championship boxing match.

 

Genug davon, aber als Kunsthistoriker feiert man ja solche Stellen besonders derbe ab. Im Großen und Ganzen war das Morden also ein Fest fürs Auge. Was da gefeiert wurde, würde ich gern wissen, aber  das erliest man sich vielleicht noch im Folgenden. Der Begriff “Rosette” stammt übrigens aus dem Lateinisch-Französischem und bezeichnet ein rundes Ornament in Blütenform. Und eine “Kathedrale” bezeichnet eine Bischofskirche. Glaubt man jedoch Peter Sarstedt, kann man den Begriff Kathedrale aber auch in die Sprachwelt der eigenen Befindlichkeiten integrieren:

Soundtrack gibts auch:

Peter Sarstedt – I am a cathedral 

 

I am balanced well, you see,
I am a Cathedral locked in stain glass windows,
I am a Cathedral dimly lit.

 

 

….. weiter in der Assoziationskette:

Verrückt sind nur die anderen. Ihr Urteilsvermögen ist ausgeschaltet. Ist der Sprecher der Geschworenen mehr Opfer des Urteils – so ist der Anwalt der das Verrücktsein des Angeklagten bestätigt, das Ausgeschaltetsein dessen Urteilsvermögens, der Ausgeschaltete. Auch der Sachverständige wird vom Angeklagten kaum für Voll genommen. Wie absurd.

….

Der Verurteilte berichtet gegen Ende des Textes über den Komfort der Betten, die ihm zugewiesen wurden. Die Gesellschaft entscheidet per Gerichtsbeschluss über Bett und Schlafqualität. Wie man sich bettet oder die anderen dich betten, so ruhst du also auch – so heißt es ja auch schon seit Urzeiten. Einem verurteilten Mörder wird ein anderes Bett zugewiesen als einem Unzurechnungsfähigen. Die Unbescholtenen schlafen ja auch angeblich einen besseren Schlaf als die mit Dreck am Stecken. Da das Rechtssystem unberechenbar ist und vielleicht auch seinen Spaß daran hat, darf der Mensch auch gern mal das Bett wechseln, falls er denn nicht schon von selbst auf die Idee gekommen ist.

 

 

Tags: Carolin Beutel, commentaire, Die Wächter, les veilleurs, Lettrétage, nexus, Roman, Vincent Message
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Was ist eine fille-mère?

1. Oktober 2014 Keine Kommentare Article

 

 

 

Mutter-Mädchen? Teenie-Mutter? Mutter-Teenie? Mädchenmutter?

 

Übersetzerinnen Meyer und Kröning diskutieren die Übersetzung von Tram 83. Hört hinein!

 

 

Tags: Christel Kröning, Fiston Mwanza Mujila, Katharina Meyer, Roman, Tram 83, Übersetzerin
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Foto Vincent_Message

Vincent Message bei ¿Comment!

27. September 2014 Keine Kommentare Article

Vincent Message: Fragen über Fragen und am Ende doch ein paar Antworten

 

Messages Protagonist Nexus tötet drei Menschen, um sich dann auf den Leichen schlafen zu legen. Warum sollte jemand so etwas tun? Die Kommentare der Schüler kreisten um diese Frage. Wer ist Nexus? Warum tut er, was er tut? Und warum hat er so einen seltsamen Namen?

Die Schüler versuchten, Antworten zu finden. Sie überlegten sich Biografien und Portraits des Protagonisten. Malten seine Lage. Dachten an Odysseus und seine Irrfahrt, an Edvard Munchs „Schrei“. Und überlegten, was sie an Nexus Stelle täten.

Wieso kämpft Nexus ganz allein gegen alle anderen? Die Welt, in der er lebt wurde untersucht. Einen Schüler erinnerten die Wächter um Nexus an die NSA-Affäre. Eine Schülerin verglich Nexus Gefängnis mit Ai WeiWeis Nachstellung seiner Gefangenzelle. Ein anderer fragte sich: Handelt es bei Nexus‘ Gefangennahme um Folter?

Denis Abrahams suchte nach Nexus‘ Verwandten im Geiste in der Literatur und stieß auf Elementarteilchen, Herrndorf, Gottfried Benn und Bladerunner. Karen Suender fragte nach dem Bösen im Menschen. Und wendet sich im Anschluss im Namen Nexus‘ an ein Esotherik-Forum.

Carolin Beutel findet Ähnlichkeit zu Seinfelds Bubbleboy, denkt nach über das Rechtssystem, in dem Nexus festhängt und seine Sprachlosigkeit – die wiederrum mit der Sesamstraße zusammenhängt. Wie steht es um Nexus Urteil, Psychiater Traumfreunds Hoffnung in eine Therapie und den Zusammenhang zwischen Kriminalität, Verrücktheit und Strafe?

Es sieht recht düster aus für Nexus, doch es gibt Hoffnung: Der 6 jährige Jakob überlegt sich, wie „Die Wächter“ doch noch zu einem Happy End kommen kann.

von Martina Koesling

 

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Karen Suender: Das Böse als genetische Fehlfunktion?

15. September 2014 Keine Kommentare Article

Viele Kommentare zu Nexus kreisen um die Frage: wie kann man nur Menschen töten und sich dann auch noch auf die Leichen legen, um dort seelenruhig einzuschlafen?

 

Klar, der Mann muss verrückt sein.

 

Nexus empfindet das nicht als abstoßend, im Gegenteil: er empfindet Geborgenheit, Zärtlichkeit für “seine” Leichen (“mes cadavres”): “Lorsque je me suis redressé, ma joue a frôlé la poitrine de la femme qui s’appelle Ania. (…) J’aurais aimé reposer comme mes morts, m’allonger de nouveau, placer délica­tement ma tête entre ses seins.”

 

Ich persönlich hatte spontan verschiedene Assoziationen zu diesem Text.

 

Eine davon war der Fall des Serienmörders Frank Gust, der vor rund 15 Jahren durch die Medien ging und mich damals sehr schockiert hat.

Ich gebe zu, nicht nur abgestoßen gewesen zu sein von der Perversion, Brutalität und Kaltblütigkeit, mit der Gust seine Opfer misshandelt und dann umgebracht hat, sondern auch Mitleid für ihn empfunden zu haben.

Er hat selber dafür plädiert, nie mehr freigelassen zu werden, da er wusste, er würde es wieder und wieder tun. Er hatte keine andere Wahl.

Als 9-Jähriger erschlug er sein Meerschweinchen,  mit 13 drang er in Leichenhallen ein, mit 24 tötete er zum ersten Mal ein Pferd.

Als Frank Gust im Jahr 2000 der Prozess gemacht wurde, hatte er schließlich vier Frauen ermordet und ausgeweidet.

Dieser Mann träumte nicht davon, sich auf die Leichen zu legen – er wollte sie öffnen, in ihre Körper eintauchen und dort möglichst lange bleiben.

Die Psychiatrie bezeichnet solche Menschen als Psychopathen. Psychopathen sind egozentrisch, aggressiv, arrogant, kalt. Sie verstehen, was jemand denkt, aber es bleibt abstrakt: Sie haben keine Vorstellung davon, was der andere fühlt. Deshalb können sie mit Begriffen wie Scham, Schuld oder Reue nichts anfangen.

Wie Nexus tötete auch Gust ohne Mitgefühl.

Hirnforscher nehmen an, dass Mörder wie sie zu Mitleid gar nicht in der Lage sind.

Es gab Versuche, in denen Psychopathen schöne und grausame Bilder gezeigt wurden, während sie Aufgaben lösen mussten; dabei wurden die Durchblutungsveränderungen im Gehirn aufgezeichnet. Wie verarbeiten Psychopathen Emotionen? Was passiert in ihrem Gehirn?
Man hat dabei entdeckt, dass es bei Psychopathen eine Minderaktivierung im Bereich des Schläfenlappens gibt:

Sie reagieren nicht auf grausame Bilder, sie erkennen etwas, aber es löst bei ihnen nichts aus.

Ihr Gehirn arbeitet wie eine Fabrik, bei der Vorstand und Marketingabteilung nicht miteinander reden.

Wenn Hirnforscher recht haben mit ihrer Vermutung, dass hirnorganische Störungen Ursache für solche Verbrechen sind, dann kann man davon ausgehen, dass die Täter sich auch durch hohe Strafen nicht abschrecken lassen.

Ihr Verhalten scheint programmiert, das Böse eine Art Fehlfunktion zu sein.

 

Wenn das alles stimmt, wäre der freie Wille nicht mehr als eine Illusion.

 

 

Quelle: DER SPIEGEL 34/2005

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Comment Kommentare Mwanza0001

Die Kommentarstation wird kreativ und malt zu Tram 83!

14. September 2014 Keine Kommentare Article

Kommentar zu Tram 83#4

 

 

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Comment Kommentare Mwanza0001

Die Kommentarstation wird kreativ und malt zu Tram 83!

11. September 2014 Keine Kommentare Article

Kommentar zu Mwanzas Text Tram 83 #4

 

Comment Kommentare Mwanza0001

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kommentarstation narr0009

Aus der Station zu Die Wächter (1)

8. September 2014 1 Kommentar Article

Ein Kommentar zu Die Wächter (1)

kommentarstation narr0009

 

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Performances

DI, 18.11. | Lettrétage
Ross Sutherland & Simone Kornappel

DO, 20.11. | Lettrétage
Vincent Message & Gerhild Steinbuch

DI, 25.11. | Lettrétage
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DO, 27.11. | Lettrétage
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