von Simone Kornappel

(c) Ken Yamamoto

Was geschieht weiter mit dem Gedicht “Richard Branson” von Ross Sutherland? Und wie?

 

(…) ich habe diesmal google translator benutzt und dutzende Durchläufe mit manipulierten Spracherkennungen angelegt, die Einstellungen dabei auf chinesische und lateinische Ausgangssprache gesetzt. Die Ergebnisse wurden wiederum re-übersetzt (ins Englische, Lateinische usw.) Nach dieser Prozedur erhielt ich über Ausgangsgesicht und Übersetzung letztendlich den folgenden, deutschsprachigen Text:

 

 

Mir schönt, ich fühle mich nicht wie Kulturerbe, eher wie Kunstdruck von William Roscoe.

Und ihr sollt wissen, dass ich von Dingen weiß. Das Glas auch.

Und das ist nur, weil Gott die Kulturerbe-Forschung tröstet.

Denken Sie, dass eines Tages alle wie Nudeln ihre Schüssel finden.

Ah, eine Statue. Kulturerbe hebt an und es wird Tag. Dann Markt.

Produktherzen. Und ich werde sie auf dem Web-Verzeichnis Prawda zum Aufstieg zu bringen.

In Hotels zahlen sie mit Elefanten.

In Eile ALSGlücksbringer überreicht, schon 2009, und schließlich am Ende tatsächlich erreicht.

Reset Krawatte. Den Griff zu bewältigen und nach unten ziehen. Und Kulturerbe, Erstaunen, und so weiter.

Ein kühler, heißer Tag. Kater nach einer Zusammenarbeit. Mit uns ist der Schlaf .

Wir versuchen, die Nudeln in einen Jesus zu formen und dürfen jubeln.

Schafe lauern am Elektroladen. Die Straße weist ins Böse.

Die Schafe laufen parallel.

Die brennenden Hänge.

Sie können von der Anwesenheit des Geistes handeln.

Von Finanzierung.

Wenn festgenommen, frustran, haben die Dinge Worth.

 

(Simone Kornappel)

(Die folgenden Verlinkungen liefern weitergehende Informationen und dokumentieren die Lesart oder abgeleitete Notizen von Kuratorin Simone Kornappel; deutschsprachige Nachdichtung weiter unten)

 

Richard Branson

(Cambridge, 2012)

 

My love, I feel like this print of Rothko.

I am small and glassy and I want to impress you,

even if it means murdering one of your work colleagues.

You think if you stare long enough at your noodles

you’ll see the combination to the safe.                         → Cambridge,  1968

I don’t have the heart to tell you the truth.

Even the elephant on the 20 Rand note you gave me

for good luck back in 2009 will end up spent in the end.

You adjust my tie and I grow a little older.

On cold hungover days, the white sun follows us

through Jesus Green to Yippee Noodle.

Shrek watches from the electrical shop across the street;

seven Shreks, running in parallel

across a burning rope bridge.

It’s impossible to root for any of them.

A millionaire’s hairstyle

is trapped in the era that they first made their money.

The air turns green above the poles of the Earth.

© Ross Sutherland


Richard Branson

(Cambrigde im Jahr 2012)

Mein Liebling, ich fühle mich wie dieser Kunstdruck von Rothko.

Ich bin klein und glasig, und ich will dir imponieren,

selbst wenn ich dafür einen deiner Arbeitskollegen abmurksen müsste.

Du denkst, dass du nur lange genug auf die Nudeln starren musst

um auf die Kombination des Safes zu kommen.

Ich bringe es nicht übers Herz, dir die Wahrheit zu sagen.

Selbst der Elefant auf dem Zwanzig-Rand-Schein, den du mir

als Glücksbringer überreicht hast, anno 2009, wird letztendlich verausgabt enden.

Du rückst meine Krawatte zurecht, ziehst sie fest, und ich werde etwas älter.

An kalten Katertagen folgt die weißglühende Sonne uns

Durchs Jesus Green zum YippeeNoodle.

Shrek beobachtet uns vom Elektroladen auf der andern Straßenseite aus;

sieben Shreks, die parallel zueinander

über eine brennende Hängebrücke rennen.

Unmöglich, auch nur einen von ihnen anzufeuern.

Eines Millionärs Haartracht

bleibt der Ära verhaftet, in der sie ihr erstes Geld verdient haben.

Die Luft ergrünt über den Polen der Erde.

 


 

© Deutsche Nachdichtung: Konstantin Ames

Kommentare am Originaltext: Simone Kornappel

Jemand berichtet, ist aufmerksam. Ein Ich, das die anfallenden Unfallstellen genau untersucht, kommentiert. Dazu ein Hin und Her hinter den Kulissen. Absagen an. Einladungen zu. „preparation(s) for some crash yet to come”

Ross Sutherland: Richard Branson

(Cambridge, 2012)

 

My love, I feel like this print of Rothko.

I am small and glassy and I want to impress you,

even if it means murdering one of your work colleagues.

You think if you stare long enough at your noodles

you’ll see the combination to the safe.                         → Cambridge1968

I don’t have the heart to tell you the truth.

Even the elephant on the 20 Rand note you gave me

for good luck back in 2009 will end up spent in the end.

You adjust my tie and I grow a little older.

On cold hungover days, the white sun follows us

through Jesus Green to Yippee Noodle.

Shrek watches from the electrical shop across the street;

seven Shreks, running in parallel

across a burning rope bridge.

It’s impossible to root for any of them.

A millionaire’s hairstyle

is trapped in the era that they first made their money.

The air turns green above the poles of the Earth.

Simone Kornappel wurde 1978 in Bonn geboren. Sie ist Mitherausgeberin der Randnummer Literaturhefte.

Ihr Debütband raumanzug ist dezeit in Arbeit und erscheint demnächst bei Luxbooks, Wiesbaden.

 

 

mux-2012-420

 

Michael Braun
Kunst und Körper (Kritik zu raumanzug)

Wenn sich jemand heimlich, still und leise, unauffällig, kaum vernehmbar, ja demonstrativ sang- und klanglos durch die Welt bewegt, tritt eine besondere Stille ein. Nicht einmal der geringste Laut ist zu hören, kein Mucks. „Liegt man doch jahraus, jahrein / mäuschenstill im Kämmerlein“, heißt es in einem „Traumbild“ Heinrich Heines aus seinem großartigen „Buch der Lieder“.


Gäbe es ein „Mucksmäuschen“, ein Wesen der Geräuschlosigkeit, so müsste es das Artikulieren vermeiden und den Atem anhalten, um sich als Opponent des stetig anschwellenden Lärms zu exponieren, der uns umgibt. Das „Mucksmäuschen“, so scheint es, ist ein diskreter Stilleproduzent, stets darauf bedacht, Lärmpegel zum Verschwinden zu bringen und das Paradies der Lautlosigkeit wiederherzustellen.


Was könnte die Bewegungsform des „Mucksmäuschens“ sein? Ein Erstarren in der Bewegungslosigkeit? Oder – wie es uns das „Muxmäuschen“-Gedicht von Simone Kornappel vorführt – eine spiralenförmige Bewegung, eine Schneckenlinie, die sich um eine bestimmte Achse dreht, um eine unsichtbare Mitte und die irgendwann in der „Stille“ endet. (Wobei die Bildstruktur des „Muxmäuschens“ zwischen Spirale und konzentrischem Kreis changiert. Während das Druckbild einen konzentrischen Kreis suggeriert, der freilich offen ist, läuft der Text spiralenförmig nach innen.)


Signifikant sind freilich die textuellen Signale, die in Richtung eines technischen Mediums deuten – der Schallplatte. Die Versstruktur gleicht letztlich einem Plattenteller, was gleich an zwei Stellen bekräftigt wird: wenn nämlich vom „Tonabnehmer“ die Rede ist und vom Versuch, „die nadel nur an immergleicher stelle anzusetzen“. Aber auch die Speichertechnik auf Schallplatten und anderen modernen Ton- oder Informationsträgern funktioniert nach dem Prinzip einer Spirale.


Die Spirale ist seit jeher ein ästhetisches Zeichen für Schöpfungsprozesse aller Art, ein Zeichen, das wir vorfinden in Muscheln, Schnecken und anderen Naturorganismen – und eben auch in Gedichten.


Das „Muxmäuschen“ von Simone Kornappel, mit „x“ geschrieben, ist ein visuelles Poem in der Tradition der experimentellen Lyrik, ein Gedicht in Spiralenform, das die Tradition der Bildenden Kunst und der Ikonographie in der poetischen Form des Gedichts, wie auch in seinem sprachlichen Material aufruft. Es gehört zu den schönen Paradoxien dieses Textes, dass es erstmal einigen Lärm verursacht, bevor es am Ende zu dem uneitlen Wort „still“ findet.


Wenn sich das „muxmäuschen“ auf dem äußeren Ring der Spirale in Bewegung setzt, kommt es gleich zu vokabulären Kollisionen. Der vorsätzlich herbeigeführte Zusammenprall gegensätzlicher Bildbereiche und Sprachfelder, vor allem die Konfrontation von biologischem Körper und Kunst-Körper gehört zu den primären Textstrategien Simone Kornappels. „muxmäuschen das abhusten von frührenaissance meint auswurf oder tussis in pastell to /tenderize your tongue bei botticelli & leckmuschel wie tzunge an batterie gegebenen-//falls …“ Simone Kornappel sorgt für Verstörung, für kunstvoll hergestellte Dissonanz, für das Unterbrechung jenes beruhigenden Wohllauts, den wir von konventioneller Lyrik kennen. Ihre Gedichte verfeinern jene aggressive „Montagekunst“, die einst Gottfried Benn als „Stil der Zukunft“ qualifiziert hat.


Diese Gedichte begeben sich mitten hinein in unsere Körperwelten und in unsere digitalisierten Lebensräume – sie dokumentieren und kritisieren den „urbanen tinnitus“ (so heißt es in der „rube-goldberg-maschine“), der unser Leben erschwert. Und sie lassen die „songlines“ der ehrwürdigen poetischen Tradition und die Technizismen des digitalen Zeitalters kunstvoll aufeinanderprallen.


Der „Raumanzug“ der amerikanischen Astronauten bestand einst aus zahlreichen Schichten verschiedener Textilien, Kunststoffe und komplexer Metalle. Simone Kornappels „Raumanzug“ besteht aus zahlreichen Schichtungen ineinander montierter Körperzeichen und Kunstzeichen.

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Aus: Der gelbe Akrobat. Neue Folge 2009-2014. Verlag Poetenladen, Leipzig 2015. Im Original erschienen auf poetenladen.de

Video zur Veranstaltung Cocktail-Party-Effekt am 26.2.14 in der Lettrétage. (Veranstaltungsankündigung im Lettrétagebuch)

Texte von Simone Kornappel u.a. auf DISPLEJ.eu und Poetenladen.de

kuratorisches Statement

Warum Ross Sutherland?

Foto: (c) Ken Yamamoto